EMT 950
 

EMT 950

Der Plattenspieler EMT 950 wurde und wird immer wieder als Flaggschiff der Plattenspieler-Flotte von EMT bezeichnet. Er war das erste Gerät mit Direktantrieb. Als grundsätzliche Neuentwicklung abseits von Reibrad- und Riemenantrieb versahen die Entwickler das Gerät mit allem, was gut und erforderlich war und dem Stand der Technik entsprach. BBC TastenfeldIm Vergleich zum EMT 930, der ein sehr puristisches Gerät mit überwiegend Mechanik und kaum Elektronik war, wurde der EMT 950 förmlich mit Elektronik vollgestopft. Alles war über Tasten steuerbar: Start/Stop, Lift, die Geschwindigkeiten, Rückwärtslauf, mono/stereo, Tonabnehmerbeleuchtung und sogar die Umschaltung Lokal- oder Remotebetrieb. Die Umschaltung 33/45 kann über einen versenkbaren Puck vom Mittelloch der Platte abhängig gemacht werden. Der Tonarm wurde über einen motorisierten Lift mit definierter Geschwindigkeit angehoben und abgesenkt, so dass eine größtmögliche Schonung für Patte und Tonabnehmer gegeben war.

Das Gerät wurde in zwei Versionen angeboten: Die schmale Version mit den Tastenfeldern vor dem Plattenteller und die breite Version mit den Bedienfeldern links vom Plattenteller mit Platz für Abhörlautsprecher und andere Optionen.

Servicefreundlichkeit wurde groß geschrieben und die Elektronik auf steckbare Europa-Karten verteilt. Das Konzept des Entzerrer- und Leitungsverstärkers war so ausgereift, dass es ohne Änderungen für den EMT 948 und später mit anderer mechanischen Auslegung sogar noch für den EMT 938 übernommen wurde. Die wichtigsten Einsteller wurden an die Vorderseite der Printkarten gelegt.

Das Signal für die Richtung und Geschwindigkeit des Motors wurde über eine optische Tachoscheibe gewonnen. Zwei leistungsstarke Treiberkarten versorgen den Motor mit genügend Energie, so dass zum einen der Schnellstart so gewährleistet war, wie man das von EMT her kannte und zum anderen Belastungen durch Mitlaufbesen oder einfach den Tonabnehmer auszugleichen und ausgezeichnete Gleichlaufeigenschaften abzuliefern. Beim Transport eines EMT 950 ist demzufolge sorgfältig darauf zu achten, dass der Motor und das Chassis transportgesichert sind, um Beschädigungen der teuren Tachoscheibe zu vermeiden.

Für manche Kunden waren das noch nicht genug Features und so bekam der Dänische Rundfunk noch ein schaltbares Filter und eine Geschwindigkeitseinstellung dazu. Die heute am begehrteste Ausführung ging aber an die Englische BBC: Das Gerät hatte ein Zeigerinstrument um die Stellung des Arms über der Platte anzuzeigen und ein Zählwerk, das es erlaubte im Rückwärtslauf wieder an die Stelle zurückzukehren, an der der Zähler auf 0 gesetzt worden war.

Ein solches "Traumgerät" weckte auch im High-End-Bereich Begehrlichkeiten. So wurde ein Gerät zum Test bei einer HiFi-Zeitschrift angefordert. Erstaunlicherweise fiel der Test im klanglichen Bereich sehr schlecht aus. Die "Fachleute" bemängelten einen höhenlastigen Ton ohne Bass. Nachforschungen ergaben, dass der symmstrische Einschluss nur "einbeinig" belegt worden war, so die bemängelten Klangverfälschungen zwangsweise auftreten mussten. Dieser Vorfall bestätigte EMT damals darin, dass es gut sei, Abstand zur HiFi-Welt zu halten. Das hat sich heute erfreulicherweise geändert.

Ein dermaßen komplexes Gerät bot natürlich ein großes Betätigungsfeld um neues zu lernen. So zeigte sich, dass die Eingänge der Steuerelektronik entstört werden mussten, um nicht beabsichtigtes Schalten zu vermeiden. Ein anderes Gebiet für neue Erfahrungen waren die direkt gesteckten Printkarten, deren Kontakte zuerst einfach verzinnt waren, später mit einem Kontaktöl behandelt und schlussendlich vergoldet wurden.

Ein gut abgeglichener EMT 950 mit intakter Tachoscheibe hat auch heute noch die gleichen Garantiedaten wie damals. Sie sind zwar keine optischen Highlights im Wohnzimmer, können aber mit den F2-Boards klanglich wesentlich verbessert werden und sind auch mit den J-Systemen bestückbar, so dass die Wiedergabequalität keinen Vergleich zu scheuen braucht.

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